„Ein Paradies is’ immer da, wo einer ist, der wo aufpasst, dass keiner reinkommt“ – so sprach der große Gerhard Polt und er hat recht. Besonders in den Ferien.
Weil du (wie alle andern auch) nicht (mit allen andern auch) in Hunderschaften durch die schönen Orten und Landschaften ziehen willst, sondern am liebsten als Einziger. Das ist natürlich illusorisch, aber dennoch ein Anliegen, das wir bei unseren Reisen verfolgen. Nun ist die Provence mitnichten ein Urlaubsziel, das keiner kennt. Aber ganz so leicht macht es das Luberon über den Bergen dem Durchschnittstouristen dann auch nicht. Den schnellen Hopp mit dem Billigflieger gibt’s nicht – wer ins Luberon will (um die 50 Kilometer südöstlich von Avignon), braucht ein Auto, weswegen wir selbiges in Nizza anmieteten und uns in der zweiten Ferienwoche aufmachten, Land und Leute aus den Büchern von Peter Mayle zu erkunden, der dort gelebt hat (worauf wir nicht wenig neidig sind).
Sie können natürlich über die Autobahn in zwei, drei Stündchen nach Aix-en-Provence düsen. Wir nahmen den langen Weg über die Berge und der lohnt sich. Vorausgesetzt, dass Sie am Berg fahren können – dann sind die tiefen Schluchten und kleinen Sträßlein kein Drama, die Ausblicke dafür herrlich.
Unser Ziel: ein wie immer selbst herausgesuchtes kleines B&B – diesmal das Les Petites Baronnes von Corinne und Roland Masset in Sannes. Die beiden haben hier im Herzen des Naturparks ein kleines Paradies geschaffen und vermieten zwei Appartments und ein großes Zimmer an Leute wie uns, die es in den Ferien gern ruhig und friedlich haben. Das können Sie hier! Corinne kümmert sich um den Laden und bereitet auch das Frühstück – draußen im Garten, wie sich das in diesem (auch dort) sehr heißen Sommer gehört. Die Croissants von Corinne – fester und knuspriger (wie gaaanz früher bei uns die Hörnchen) – gehörten zu den besten, die wir jemals gegessen haben. Lieber Gott, bitte mach, dass uns ein frankophiler Münchner Bäcker diese Teile backt!
Außerordentlich: ein richtig großer und tiefer Pool! Morgens um 8 ganz allein darin schwimmen – ein Geschenk für uns Großstädter! (Wem ein so großer Pool noch zu klein ist: 5 Minuten entfernt quer über die Felder liegt ein See!)
Was man da sonst so macht? Die kleinen Dörfer erkunden, provenzalische Märkte (das Gemüse!) besuchen, irgendwo nett zu Mittag essen, einen Noisette nach dem anderen trinken, zurück zu den kleinen Baroninnen und wieder in den Pool hupfen, auf dem Markt erworbene Brotzeit im Garten futtern und früh ins Bett. Mit anderen Worten: hier kann man sich treiben lassen. Das Luberon ist dermaßen entspannt und entspannend, dass wir einen Ausflug nach Aix-en-Provence nach 1,5 Stunden abgebrochen haben, weil plötzlich zu hektisch und zu viele Menschen. Es hatte allerdings einen sehr schönen und großen Markt.
Wer morgens aus dem Fenster auf Gemüsegärten und Weinreben blicken darf, braucht keine Shopping-Mall plus Szene-Cafés, oder? Wir haben uns jedenfalls gleich an den ruhigeren Pulsschlag der kleinen Dörflein gewöhnt und die große Stadt keinen Moment lang vermisst.
Und Kaffee trinken. Da sitzt du bei deinem Noisette vor der örtlichen Bar (hier hat jeder Ort mindestens eine Bar, in der Einheimische ihr Käffchen oder den kleinen Roten nehmen) und guckst auf den Markt, der gerade im Gange ist. Vor dir ein Stand, an dem der feine Nougat in 1001 Version verkauft wird. Der Mann am Stand hat deinen Blick entdeckt und kommt mit Probierhäppchen rüber. Der beste Gatte winkt freundlich ab und zeigt auf sein Bäuchlein. Der Nougat-Mann zeigt mit “Pas de Probleme”-Zwinkern auf das seine – und dann auf den etwas kleineren der Gattin. Was sollste machen? Gehste halt rüber und kaufst ein Stückerl. So ist das da.
Nun ist auch das Luberon ein durchaus beliebtes Touristenziel und nicht mehr ganz so verwunschen, wie zu Peter Mayles Zeiten. Aber es gibt sie noch – die verzauberten Örtchen, die sich ihren Charme und ihr Leben erhalten haben. Ansouis, La Tour d’Aigues oder Cucuron – ein jedes hat seinen Wochenmarkt, seine Bar, seinen Bäcker – und selbst im “Supermarkt” (Modell Tante Emma) ist die Welt noch in Ordnung: am Tresen steht da auch mal ein Blechkuchen wie von Maman, der hierzulande seinesgleichen suchen muss (aber selten findet).
Die Weine sind eine Klasse für sich! Im südlichen Luberon wachsen ein paar wunderbare Tropfen – rot, weiß und rosé – weshalb sich eine Extratour zu den Weingütern empfiehlt, die wir hoffentlich einmal machen können. Diesmal hat die Zeit dafür nicht gereicht.
Essen kannst du dort natürlich auch gut, wobei wir (wie immer) spontan in uns ansprechende Lokale einkehrten und dort aßen, was der Wirt auf der Tageskarte empfiehlt. Provenzalische Küche oder auch mal italienisch: die besten Tortellini alla Panna haben wir im Le Parrot’s in Cucuron schnabuliert, wo sie auch eine sehr feine Pasta mit Auberginen und Oliven servierten, die so gar nichts Italienisches an sich hatte. Wer will, findet natürlich auch Sterne-Lokale.
Wir sind dann noch hoch zu den Bergdörfer Gordes und Roussillon, die uns von einem französischen Ehepaar, mit dem wir in La Tour d’Aigues bei der Besichtigung desselbigen ins Gespräch kamen, als “zwei der schönsten Dörfer Frankreichs” dringend und mit gehörigem Stolz ans Herz gelegt wurden. Das stimmt. Gordes war uns aber zu überlaufen – wenn es mehr Parkplätze als Anwohner gibt, müssen wir flüchten. Roussillon ist da etwas entspannter ;-) Auf dem Weg in die Berge liegt noch eine andere Perle: Bonnieux. Hier hat Ridley Scott das Buch “Ein guter Jahrgang” von Peter Mayle verfilmt. Film-Trailer zum Reinschuppern auf YouTube: “Ein gutes Jahr” – ja, der Film ist schön. Aber lesen Sie unbedingt das Buch, das erstens anders und zweitens noch schöner ist. Was so ein Film mit einem Dorf macht? In Bonnieux (das natürlich ganz entzückend ist) suchen die Touristen nach dem “guten Jahr”, weswegen es ein bisschen schick und zu voll ist. Das ist der Lauf der Welt.
Unsere paar Tage im Luberon vergingen ungewohnt langsam – der Rhythmus ist einfach ein anderer, obwohl die Menschen hier mindestens genauso hart arbeiten müssen, wie wir. Vielleicht liegt es an der Landschaft, die die Seele beruhigt. Wir haben jedenfalls wieder einmal sehr reizende Französinnen und Franzosen getroffen. Äh bieng!
Nun wollen wir natürlich auch so ein Haus in der Provence, BITTE. Ein ganz kleines reicht vollkommen, so es denn mit einem ganz großem Garten und einem Pool kommt. Braucht nur ein bisschen Gaffer-Tape, dann können wir einziehen!
Zwei letzte Tage in Cagnes sur Mer – dann ab nach Hause. Es war ein schöner Urlaub – der nächste darf kommen!
Bis dahin lesen wir unsere Lieblingsbücher von Peter Mayle einfach noch einmal :-) Zum Beispiel „Das Leben ist nicht fair – Erkenntnisse eines provenzalischen Hundes“, gibt’s auf Deutsch nur gebraucht, ist dafür ganz herrlich.