Spät, aber doch – unsere Restaurant-Kritik aus dem Norden Deutschlands. Der Anlass war ernst, das Essen war gut. Da wir uns diese Woche mit einem Dinner im LeBerlu bedankt haben, jetzt endlich der längst fällige Report aus dem Norden.
“The North is protected” hieß eine mir unvergessliche Installation auf einer venezianischen Biennale, wir vor zig Jahren besucht haben. In gewisser Weise gilt das für uns auch für den Norden unseres Landes, den wir nur äußerst selten besuchen – wahrscheinlich, weil wir als Münchner nur aus der Stadt rausfinden, wenn es gen Süden geht. Aber eine Beerdigung ist eine Beerdigung. Und wenn der eigene Vater das Zeitliche segnet, will das am Ort des Geschehens in Würde begangen werden. So ist es dann auch geschehen.
Wir waren Ende August im Nordenholzer Hof in der kleinen Ortschaft Hude, die in der Nähe von Oldenburg liegt, zu Gast und haben uns – so wie es Brauch ist – gescheit verabschiedet. Da die Location so schön ist, haben wir dann doch beim Essen ein bisschen fotografiert (so dezent wie möglich, deshalb nicht ganz so viele Bilder…).
Der Nordenholzer Hof ist eine größere Angelegenheit – ein Restaurant, ein Bauernhaus als Extra-Event-Location, Weinscheune – gehobene Gastronomie in wirklich liebevollem Ambiente. Hier wird gekocht, was der Markt an frischen und Jahreszeit gemäßen Zutaten hergibt. Das Konzept gibt’s zum Nachlesen in einer aufwändigen Broschüre, in der dem Gast das Prozedere erklärt wird. Dazu muss gesagt werden, dass hochpreisigere Etablissements im Norden (Nähe Bremen) das Preis-/Leistungsverhältnis wahrscheinlich eher erklären müssen, als wir es von einem guten Lokal in München erwarten würden. Der Norddeutsche hält den Geldbeutel fester als unsereiner, wenn es ums Schnabulieren geht (unsere Sippe Gottseidank aber nicht). Die Truppe um Michael Niebuhr beherrscht jedenfalls ihr Handwerk, was ich hiermit sehr gerne bescheinige.
Vorab gereicht wurde ein Amuse Gueule, das sich auch in München nicht verstecken müsste:
Die Hauptgänge fielen bei uns fleischig aus (aber Fischfreunde kommen hier auch nicht zu kurz).
Des Jägers Strecke: Wild aus der Region in Hagebutten-Gin-Sauce mit Waldpilzen, hausgemachten Spätzle (nun ja…) und Apfel-Preiselbeer-Rotkohl – eine runde Sache und wie alles im Norden reichlich! Hungrig muss hier kein Gast gehen, auch nicht in der gehobenen Gastronomie.
Gekräuterte Medaillons vom Schwein in schottischer Champignon-Pfeffer-Sauce plus Röstzwiebeln und Rosmarin-Kartoffeln – die Wahl der sacre-e-profane-Chefin, weil’s sowas hier so nicht gibt. Das Schwein war ein klein wenig trocken (ißt man bei den “Fischköpfen” vielleicht eher “durch”?), aber die Sauce ein Gedicht. Endlich mal ordentlich gewürzt – nicht so ein behutsames Getue, wie es heute oft der Fall ist. Salat gab’s auch noch dazu – mit dem Dressing haben sie es nicht ganz so, aber im Süden Deutschlands bekanntlich auch nicht. Dennoch: eine gute Wahl, die wenig Wünsche offen liess.
Rinderfilet unter Rosmarin-Thymian-Kruste mit Spitzkohl, grünem Spargel im Serrano-Schinken-Mantel, Portwein-Sauce und Kartoffel-Gratin mit italienischem Bergkäse – das gefiel dem Neffen, der mit seinem Hauptgericht rundum zufrieden war.
Dessert: die obligatorische Crème Brûlée von der Tonkabohne ist auch im Norden beliebt – dazu gab es eine Art “Zuckerwatte” aus weißer Schokolade – geschmacklich ein bisserl wie türkischer Honig – fanden wir spannend.
Uns hat es gut gefallen im Nordenholzer Hof. Dazu hat neben der guten Küche auch der ausnehmend freundliche Service beigetragen. Die Weinscheune müssen wir unbedingt bei einem freudigeren Anlass besuchen!