Diese kleine Polemik ist seit längerem fällig. Es ist schier unglaublich, mit welch enormem Einsatzwillen ambitionierte Adepten Gewürze, Öle und Kräuter in die Kochtöpfe und Pfannen des Landes panschen, um ihre Gerichte Michelin-mässig aufzupeppen. Warum eigentlich muss heute jedes schöne (aber arme) Fischfilet auf privaten Tellern mindestens als Röllchen gefüllt mit dreierlei Gemüsen, Bärenschinken und exotischst gewürzt plus Wildkräuterhaube und Orangenblütenbutter daher kommen? Ist der Fisch nicht frisch? Oder schmeckt er gar zu langweilig, wenn er in seiner Reinform daherkommt? Gleiches gilt fürs Fleisch. Wie uns das Perfekte Dinner in letzter Zeit wieder einmal eingehend demonstriert, ist Showtime alles. Überladene Teller, überladene Menüs, überladene Würze. Hauptsache doll und gerne teuer. Man lässt es krachen, man übertrumpft den Gegner mit allem, was das Feinkostgeschäft hergibt, man kombiniert wild – je wüster, desto besser. Nicht unbedingt zum Vergnügen der Bewirteten, den nicht jede verrückte Kombi kitzelt den Gaumen. Besonders, wenn es an den Basics mangelt. Oh wie gern schau ich mir an, wie unbedarfte Menschen im Fernsehen versuchen, Fleisch in kalten Pfannen anzubraten…
Wir plädieren für Schlichtheit. Es ist doch (entgegen der Ansicht von Koch-Spirenzchen-Freunden) keineswegs simpel, scheinbar “Einfaches” perfekt zu kochen. Ein schöner Wolfsbarsch im Ganzen gegrillt, gefüllt mit einem Rosmarinzweiglein und ein, zwei Knoblauchzehen, serviert mit frischer Zitrone und einem Spritzer edlem Olivenöl ist per se nicht simpel. So auch der in Italien verschiedentlich variierte Polpo mit Kartoffeln. Gekochter Tintenfisch, so zart, dass er auf der Zunge zergeht, wird lauwarm auf Kartoffeln – mal in Scheiben, mal gestampft – gereicht. Kein grosser Schnickschnack also. Aber: den Polpo so zuzubereiten, dass die Konsistenz nicht gummiartig daherkommt, das ist Kunst.